Zu den Herbststürmen 2017 liest man häufiger von der Schadensbilanz der „Schnellläufer“. Was ist damit gemeint? Es liegt im Wesen von Katastrophen, dass sie überraschend kommen, über uns hereinbrechen und auch schnell wieder gehen. In diesem Jahr haben wir besonders unter solchen Schnellläufern zu leiden gehabt. Wie wenig unsere Gesellschaft im Alltag allerdings auf solche Risiken vorbereitet ist, haben wir hier in Berlin und Brandenburg gerade hautnah erlebt.
2 Millionen Bäume umgestürzt
Mit heftigen Orkanböen fegte das Sturmtief Xavier über die Region Berlin-Brandenburg hinweg. Es sorgte innerhalb weniger Stunden für einen weitreichenden und länger anhaltenden Stopp des öffentlichen Nahverkehrs.
Nicht wenige Menschen kamen nach der Arbeit beispielsweise nicht mehr nach Hause oder konnten aus dem Norden Deutschlands nicht mehr in Richtung Osten oder Süden zum Ziel der Reise kommen.
Umgestürzte Bäume blockierten Straßen und Gleise. Von bis zu zwei Millionen umgeblasenen Bäumen war allein in Brandenburg die Rede, wie der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) berichtete.
Zahlreiche Versicherer hatten unter einem überdurchschnittlichen Eingang von Schadensmeldungen zu leiden. Gutachter waren vielfach überfordert, da in bestimmten Regionen zahlreiche Schäden fast zur gleichen Zeit zu dokumentieren und zu bewerten waren.
Sturm „Herwart“ – ein typischer Schnellläufer
„Herwart“ war der vierte Sturm in diesem Jahr, der als sogenannter „Schnellläufer“ Schäden in dreistelliger Millionenhöhe für die deutschen Versicherer verursachte, wie die aktuarielle Beratungsfirma Meyerthole Siems Kohlruss aus Köln feststellte.
„Nach unseren Berechnungen bringt Sturm „Herwart“ einen versicherten Sachschaden in Höhe von 250 Millionen Euro für die deutschen Versicherer“, sagte Onnen Siems, Geschäftsführer der Aktuarsfirma aus Köln.
Die Entwicklung des Sturms kann eindeutig beschrieben werden. Sein Sturmfeld zog demzufolge rasch von Norwegen nach Südosteuropa und überquerte am Sonntag den Norden und Osten Deutschland. Dabei wurde an der Mehrzahl der deutschen Wetterstationen das diesjährige Maximum der Böengeschwindigkeiten erreicht.
„Herwart“ wird als der bislang teuerste der diesjährigen „Sprintstaffel“ aus Schnellläufern bewertet. Zusammen mit den Sommersturm „Paul“ vom Juni liegt die Schadenbelastung der Versicherungswirtschaft in Deutschland schon bei über 1 Mrd. Euro.
Kaum Entlastung durch Rückversicherer
In einer Pressemitteilung von Meyerthole Siems Kohlruss heisst es: „Mit einer Entlastung durch Rückversicherung ist nicht zu rechnen, da die einzelnen Ereignisse meist unter der Priorität der Kat-Deckungen liegen werden“.
Für Kunden und Makler sind solche Schnellläufer aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Es muss vielmehr Anlass sein, über den passenden Versicherungsschutz hinaus auch konkrete Präventionsmaßnahmen zu treffen. Nur der geringste Teil des Gebäudebestandes hierzulande ist auf Extremwetterlagen wie Hagel oder Sturm hinreichend vorbereitet.
Gleichzeitig müssen Gebäude nicht nur gegen Brandschäden versichert sein, wie dies bei zahlreichen Gebäuden in Süddeutschland der Fall ist. Makler haben deshalb für die Überprüfung des Versicherungsschutzes ihrer Kunden eine besondere Verantwortung.
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