Nach einer aktuellen Einschätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entstehen fünf Milliarden Schaden durch Versicherungsbetrug. Das sind fast zehn Prozent der Versicherungsleistungen. Das ist dem GDV Anlass, sich mit dem Thema zum wiederholten Male zu befassen.
Die Mehrzahl der Kunden ist ehrlich, aber…
2018 war wegen der Fußball-Weltmeisterschaft wieder so ein auffälliges Jahr in Sachen Schäden an Fernsehgeräten. Vor jedem sportlichen Großereignis steigt die Zahl der gemeldeten Versicherungsschäden – vor allem der Anteil sogenannter nicht plausibler Schäden. So gehen in Deutschland in einem WM-Jahr deutlich mehr Fernseher kaputt als üblicherweise. Zufall?
Einer Auswertung des GDV zufolge ist etwa jeder vierte Schaden an TV-Geräten unplausibel. Zwar ist das Gros der Versicherten ehrlich. Doch bei fast zehn Prozent aller Versicherungsfälle kommen den Experten Zweifel, und sie prüfen, ob nicht Betrüger am Werk sind.
Auf bis zu fünf Milliarden Euro beziffert Roland Stoffels, Vorsitzender der GDV-Kommission Kriminalitätsbekämpfung, den jährlichen Schaden, der den Versicherern durch solche kriminellen Machenschaften entsteht. “Geld, das die mehrheitlich redlichen Kunden über ihre Beiträge mitbezahlen”, so Stoffels.
Technik und Menschenkenntnis im Einsatz gegen Versicherungsbetrug
Der Markt für Betrugserkennungssoftware wächst. Aber nicht alles, was technisch möglich ist, kann auch ohne Weiteres in der Assekuranz eingesetzt werden. „Neben den rechtlichen Voraussetzungen bedarf es sowohl einer gesellschaftlichen als auch einer wissenschaftlichen Akzeptanz der Methoden“, sagt Stoffels. Speziell der Datenschutz sei in Deutschland ein besonders sensibles Thema.
Viele Versicherer investieren daher beim Kampf gegen Versicherungsbetrug nicht nur in Technik, sondern auch in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter. Doch in jedem Fall hilft es Beschäftigten in der Schadenannahme und Schadenregulierern, verräterisches Verhalten von Tätern künftig noch besser zu erkennen. Spezialfirmen für die Klassifizierung von Handyschänden oder Haftpflichtschäden an Brillen verstärken die Kompetenz der Versicherer.
Ob ein Mensch lügt oder nicht, kann eine Software dennoch nur selten erkennen. Schließlich gibt es eher emotionale und eher rationale Charaktere – für einen Computer ein echtes Problem. Hier wird der Mensch der Maschine noch sehr lange überlegen sein.
Unabhängige Schadengutachter sind von Vorteil für Kunden und Versicherer
Es ist kein Geheimnis, dass besonders bei bestimmten Schäden an Wohngebäuden oder beim Hausrat Eigentümer versuchen, die grundlegende Sanierung ihres Gebäudes oder ihrer Wohnung auf die Versicherung abzuwälzen. Das ist natürlich nicht statthaft und wird meist schnell erkannt. Freie Schadensachverständige begutachtet deshalb ab einer bestimmten Schadenhöhe die Unglücksstelle, prüfen den Versicherungsschutz und Schaden und empfehlen meist auch Sofortmaßmaßnahmen.
Ein Sachverständiger der Oberösterreichischen Versicherungs AG schilderte einen schwierigen Sachverhalt so: „Ich wurde einmal zu einem Schaden gerufen, bei dem angeblich ein Sturm ein großes Flachdach beschädigt hatte. Man sah aber eindeutig, dass seit längerer Zeit Wasser von oben in das Gebäude eingedrungen ist. Ich fand ein verwittertes Kunststoffdach vor, das bereits mehrfach notdürftig repariert worden war. Die Behebung eines solchen Mangels obliegt eindeutig den Eigentümern.“
Im Interesse der ehrlichen Kunden wird auch weiterhin eine Aufgabe der Versicherer darin bestehen ungerechtfertige oder betrügerische Erstattungsansprüche abzuwehren. Dies geht nur mit gründlicher Prüfung des Sachverhaltes. Nur so wird es möglich sein, der Versichertengemeinschaft nachhaltigen Schutz gegen die finanziellen Folgen von Risiken zu gewähren.
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